Montag, 18. Januar 2010

We are family!!!

“How is your family?”
So lautet jeden Morgen die erste Frage, die man sich hier bei uns in Indien stellt, nachdem man sich einen Guten Morgen gewuenscht hat.
Das Familienleben nimmt hier einen unheimlichen hohen Stellenwert ein. Viele leben in sogennanten „Joint Families“ mit Grosseltern, Kindern und unverheirateten Geschwistern unter einem Dach.
Doch warum ist das so? Warum ist das Familienleben in Indien so wichtig und das Gemeinschaftsgefuehl so gross? Unseren Erfahrungen und Beobachtungen zufolge liegen die Gruende hierfuer sicherlich zumindest teilweise in der indischen Mentalitaet: Wir erleben die Inder als Menschen, die am liebsten in grosser Gesellschaft, aber sehr ungern alleine sind.
Zusaetzlich hat der hohe Stellenwert der Familie aber definitiv auch pragmatische Gruende. So dient in vielen Faellen die Familie als eine Art Lebensversicherung. Da die Meisten hier keine Kranken-, Renten-, oder Pflegeversicherung haben, springt dafuer die Familie in solchen Faellen als Stuetze ein. Die Kinder versorgen ihre Eltern im Alter, pflegen sie bei Krankheit...

Wir haben fast das Gefuehl als sei ganz Indien eine Familie und wir jetzt schon ein Teil davon.
So waren wir am Anfang wirklich verwirrt, weil sich hier jeder „uncle“, „aunty“ oder „brother“ nennt und wir nicht wussten, wer jetzt wirklich, in welchem Grade und ob ueberhaupt miteinander verwandt ist.
Mittlerweile geniessen wir es aber in vollen Zuegen die Lehrerin des Asha Kiran Hostels „Sister“ zu nennen, von mehreren indischen Mamas adoptiert worden zu sein, die „Aunty“ der Enkeltochter des CFI-Projektmanagers zu sein und unseren Nachbarn „Uncle“ zu rufen.

Um euch einen kleinen Einblick in die indische Familienwelt zu geben, wollen wir euch einige Anekdoten erzaehlen, die wir in der letzen Zeit erleben durften.

1. Eine Adoption im Zug

Als wir auf dem Heimweg von unseren Goa-Weihnachtsferien, zusammen mit Anni und Lucia, durch den voellig ueberfuellten Zug irrten, trafen wir auf eine 20-koepfige Grossfamilie aus Udupi.
Wir muessen wohl ziemlich verloren ausgesehen haben, denn die Familie sprang sofort auf, um uns ihren Platz anzubieten und sich selbst zu stapeln.
Erleichtert nahmen wir das Angebot an und schneller als wir gucken konnten, waren wir schon in die Familienverhaeltnisse eingeweiht und kannten alle Mitglieder (zumindest theoretisch) beim Namen.
Nachdem wir mit Suessigkeiten versorgt wurden, aus der Hand gelesen bekamen und herzlichst nach Udupi eingeladen wurden, eroeffnete uns der Vater mit einem breiten Grinsen, dass seine Familie am heutigen Tag um vier Personen gewachsen sei ...



2. Didi! Didi!
Als wir in Deutschland erfuhren, dass wir im Buero unseres Projektes untergebracht werden sollen, hatten wir erst ziemliche Bedenken, ob wir nicht recht einsam werden wuerden.
Doch schon direkt nach unsere Ankunft wurde unsere Angst widerlegt: Unter uns und somit mit uns wohnt naemlich unsere Maaji Fatima mit ihren goldigen Enkelkindern.


Schon vom ersten Moment an begegneten sie uns mit solch einer Offenheit und Vertrautheit, sodass es auch nur wenige Wochen dauerte, bis die Kids uns nur noch Corinna-Didi und Theresa-Didi nannten, was auf Hindi soviel wie grosse Schwester bedeutet.
Jeden Abend kommen die Kinder zu uns nach oben, um mit uns Uno zu spielen, Hausaufgaben zu machen, zu basteln oder einfach Zeit mit uns zu verbringen. Wir haetten nie gedacht, dass man nach so kurzer Zeit und sogar teilweise ohne gemeinsame Sprache solch eine enge und intensive Beziehung aufbauen kann. Wir sind unheimlich dankbar dafuer, dass wir einfach zu ihnen nach unten gehen koennen wenn es uns einmal nicht so gut geht und sie uns durch ihre liebevolle und froehliche Art aufbauen.
Das gleiche ist natuerlich auch anders herum der Fall und so sind wir in den letzten Monaten gemeinsam schon durch dick und duenn gegangen ...



3. Unser „family stay“ in Kerala
„Just ask sir, just ask sir“ forderte uns Lincy – fuer uns die beste Koechin Indiens – ganz aufgeregt auf, als sie uns von der Einladung zu der bevorstehenden Hochzeit ihres Cousin-brothers aus Kerala erzaehlte.
Wir waren sofort hin und weg von der Idee Lincys Familie zu der Hochzeit nach Kerala zu begleiten und dabei ihren „Native Place“ (Heimatort) wie auch ihre Familie kennenzulernen.
Dank der Unkompliziertheit unseres Projektleiters hiess es dann letzte Woche fuer uns „Auf nach Kerala!!!“
Fuer uns war es eine einmalige und sehr wertvolle Erfahrung einmal laenger direkt mit einer typisch indischen Grossfamilie zu leben, mit ihnen fruehs aufzustehen, schlafen zu gehen, zu kochen, zu essen, im Fluss uns und unsere Waesche zu waschen...Vom ersten Moment an fuehlten wir uns voll integriert und pudelwohl.


Natuerlich liess es sich unsere Lincy auch nicht nehmen uns ihre gesamten Verwandten und Freunde vorzustellen und so zogen wir von Haus zu Haus und wurden ueberall mit indischen Chai, exotischen Fruechten aus dem Garten (Papaya, Guave, Kokusnuss...) und anderen Leckereien empfangen.


Auch die Hochzeit selbst war fuer uns ein wirklich schones Erlebnis; mit Sari, indischen Schmuck und inmitten unserer indischen Familie fuehlten wir uns gar nicht mehr als „Foreigners“, sondern vielmehr als Familienmitglieder.


Der Abschied vom entspannten Kerala und der so liebenswuerdigen und zuckersuessen Familie fiel uns somit dann auch ziemlich schwer, besonders als Lincys Mama uns an die Haende nahm und uns sagte, wir sollen doch einfach hier bleiben...



Doch auch wenn wir hier in Indien in so vielen Familien so liebevoll aufgenommen bzw. umsorgt werden und auch wenn uns diese Familie so viel geben und wir unheimlich froh und dankbar sind, sie zu haben, merken wir hier in Indien auch tagtaeglich wie wichtig uns unsere Familie in Deutschland ist, was wir an ihnen haben und wie sehr wir sie vermissen...

5 Kommentare:

  1. Hallo Corinna und Theresa,

    in der Zwischenzeit müßt ihr ja schon richtige "Hochzeitsprofis" sein.
    Es ist so schön zu lesen, welche tollen Erfahrungen ihr macht und wie herzlich ihr überall aufgenommen werdet.

    Nur noch wenige Tage und ich darf "euer Indien" auch kennenlernen. Ich freue mich schon sehr und bin schon ziemlich aufgeregt.

    Bis nächste Woche...

    Liebe Grüße
    Beate

    AntwortenLöschen
  2. Eure Berichte sind echt spitze!sind immer total schön zu lesen!Also dickes Lob und viele Grüße
    bis bald
    Manu

    AntwortenLöschen
  3. Hallo liebe Theresa, liebe Corinna,
    Toll, euer neuer Blog!
    Ist das etwa ein Zähler für die Zugriffe auf den blog? rechts oben?
    Klasse, wie viel da gelesen wird!

    AntwortenLöschen
  4. Namaste!
    Ich kenne euch nicht, aber ich bin gerade zufällig auf eurer Seite gelandet, weil ich gerade das Thema "Indien & Familie" recherchiere für eine Aktion einer Hilfsorganisastion. Ich war selber bis August ein Jahr weltwärts in Kerala im Einsatz und schwelge daher gerade ein bischen in Erinnerung.
    Auf jeden Fall danke für die schönen Berichte,
    genießt eure Zeit!
    Pinnekarnam
    Constanze

    AntwortenLöschen
  5. About on how to find satisfaction on hosteling, try to search every hostels in the internet.

    Pousadas Em Natal

    AntwortenLöschen